Daniel schreibt: Der Urlaub, nein, das Abenteuer neigt sich dem Ende zu. Nach einem reichhaltigen Frühstück (Supermark-Marmorkuchen, Instantkaffee) stellen wir unser Gepäck in einer Wäscherei unter, die von einer gefährlich aussehenden Oma bewacht wird. Das Zeug scheint uns bei ihr in besten Händen, da wir vermuten, dass die Friedhöfe voll sind von Leuten, die sie wegen ihres biblischen Alters unerschätzt hatten. Syros ist keine Touristeninsel. Blöd nur, dass sich unser Griechisch nach wie vor auf die Wendungen "Calimera" und "ella ella" beschränkt und die hiesigen Busfahrer nicht gewillt oder in der Lage oder beides sind, Englisch mit uns zu sprechen, um uns das Bussystem der Insel zu erklären. Als ich einen Mann mit Schweizer Akzent mit einer Frau sprechen höre, die wiederum den Busfahrer auf griechisch interviewt, frage ich diesen, ob er uns wohl die inseleigenen Gepflogenheiten des öffentlichen Personennahverkehrs erläutern möge. Tut er. Die Busse fahren in beide Richtungen Kreise, wobei sie immer wieder in der Hauptstadt ankommen. Galisas sei ein schöner Strand. Gut. Kyrillisch. ΓΑΛΙΣΑ- Könnte stimmen! Wir steigen ein und werden im Verlauf der nächsten 10 Minuten auf griechisch von zirka 20 Einheimischen angesprochen, die ihren Fahrplan selbst nicht ganz zu kapieren scheinen. "Ne ne!" (griechisch für ja), grunzt Markus irgendwann nur noch. Nach zwanzigminütiger Fahrt kommen wir an. Der Busfahrer murmelt etwas auf griechisch über nach hinten, was wohl so was heißt wie "Will jemand hier aussteigen?". "Ne!" , hören wir von mehreren und wollen gerade "DOCH!" brüllen, da merken wir, dass wir schon wieder auf den Klassiker der misslungenen Deutsch-Griechisch-Verständigung hereingefallen sind. Der Strand von Galisa ist schön. Urig. Steine, Sand, Meer und, ich hatte schon fast nicht mehr daran geglaubt: Ein Naxosauge! Auf Syros. Ist es dann überhaupt ein Naxosauge. Egal, egal, ich hab eins! Hinter uns raschelt es im mannshohen Schilf. Ein Muli steht da und knabbert genüsslich an einem Kolben. Etwas weiter hinten: Ein Esel, der zärtlich einen rießen Haufen Scheiße fallen lässt. In welchem Verwandtschaftsverhältnis er zu dem Pferd steht (der Esel, nicht der Haufen), kann nicht erschöpfend geklärt werden. Wir wollen sicherheitshalber zeitig wieder in Hermoupolis sein, weswegen wir Richtung Bus schlendern. Diese Griechen: Der Bus kommt nicht. Irgendwann dämmert uns, dass der zuständige Beamte offenbar zu faul war, die jeweilige Abfahrtszeit der Station anzugeben, sondern bloß die Zeiten der ersten Station dastehen. Nach kurzen Kopfrechnen gelangen wir zur Erkenntnis, dass wohl noch Zeit für ein Bier und einen Griechensalat ist. Kaum bestellt eilt der nette Herr hinter der Bar hervor, über die Straße zum Supermarkt und kommt wenig später mit den Zutaten für den Salat wieder heraus. Endlich naht die Speise, obschon die Zeit langsam knapp wird. Ich schlinge, wir kriegen den Bus und sind wieder in der Stadt, wo ich zum Abschluss noch einmal in kristallklaren Meer schwimme. Markus tut die Mumu weh, weswegen er nicht planschen mag. Wir gehen zurück zur Wäscherei. Die Oma ist weg, das Geschäft geschlossen.
 Hm, ich klopfe bei dem Opa, der uns gestern als Bruder Apartmentbesitzerin vorgestellt wurde. Tatsächlich fehlt nichts von unseren Sachen, als wir sie aufschnallen. Noch einmal schlendern wir die ellenlange Hafenbegrenzungsmauer bis zum Ende entlang. Langsam wird es Zeit zum Fährterminal zu gehen. Leer. Das Boot hat anderthalb Stunden Verspätung, teilt mir der Herr in der schicken Kapitänsuniform mit. Grrr. Nur gut, dass mein angeborner Misstraue gegen den Griechen als solchen uns davon abgehalten hat, die knappere Fähre zu nehmen, denn da hätten wir den Flug kolossal verpasst. Na ja so haben wir wenigstens schon Gelegenheit die Pizza zu mampfen, die wir uns für die Reise gekauft hatten. Blöd nur, dass die Zutaten der selbigen in Markus´ Magen-Darm-Trakt eine explosive Reaktion hervorrufen und er kurz darauf verkündet, bei Goody´s (Fastfoodkette) eine Runde abkötteln zu gehen. Er stammelt etwas von der Mutter aller Dünnpfiffe und instruiert mich, ihn unverzüglich zu informieren, sobald die Silhouette eines Schiffen auftaucht. Bald darauf ist es soweit. Weil nun aber unser Schiff zu spät ist, legen dann auf einmal zwei baugleich Schiffe gleichzeitig an. Wir vergewissern uns, dass wir nicht in die falsche Richtung fahren und gehen aufs Vorderdeck. Der hell erleuchtete Hafen von Syros weicht bald der Nacht über dem träge blubbernden Meer.
Fortsetzung: Freitag, 23.9.2005, MS Naxos Star/ Athen Gemächlich pflügt die Naxos Star durch die Ägäis und wir versuchen ein wenig zu schlafen, zumal wir ja noch eine beträchtliche Reise vor uns haben. Ich habe Ohropax eingespannt, um dem stampfenden Schiffsdiesel keine Chance zu geben, mich am Schlafen zu hindern. Das klappt auch ganz vortrefflich. Leider habe ich nicht mit der Durchschlagskraft der Stimme einer Griechin gerechnet, die sich einige Dutzend Meter entfernt in einer, für sie normalen Lautstärke unterhält. *brüll*:?????????????- oder so ähnlich. Tja, war wohl nix mit schlafen denke ich und gehe aufs Hubschrauber-Deck, den Blick über die schwarze See schweifend. In einiger Entfernung sehe ich ein intensives Wetterleuchten. Das Schiff hält genau darauf zu. Das, nein, DIE Gewitter kommen immer näher und unter den reisenden auf dem Vordeck macht sich Unruhe breit. Auch die Herren Hobby-Naturwissenschaftler (wir, wer sonst?) grübeln, was eigentlich passiert, wenn ein Schiff vom Blitz getroffen wird. Gilt die Sache mit dem Faradey´schen-Käfig auch auf griechischen Fähren? Kann das Meer erden? Wie nah darf die gemeine Goldbrasse einem Blitz maximal kommen, um nicht gleich gebraten zu werden? Mit einem Mal ergießen sich Sturzbäche von Hagel und Regen über das Schiff. Eine junge Amerikanerin mit weißen Socken in den Sandalen (ja ja, nicht nur wir Deutschen sind zu solch ästhetischen Völkermorden fähig) brabbelt etwas von Rettungsboot. Links und Rechts schießen die Blitze ins Meer. Der Wind peitscht gegen die Scheiben der Aufbauten. Die Amerikanerin findet meinen Joke, dass ich gesehen hätte, wie sich der Kapitän mit einem Rettungsboot aus dem Staub gemacht hat, nicht ganz so lustig. Widererwarten wird unser Kahn nicht von Zeus zerschmettert und wir erreichen bald Piräus, Hafen der Athener.
 Wir fahren mit dem Bus in Richtung Flughafen. Auch hier scheint es mehr geregnet zu haben, als die attische Kanalisation aufnehmen kann, aber offenbar habe wir die Ehre mit einem U-Bus zu fahren. Schon deutlich Müde strahlen wir ins Terminal. Ganz am Ende der Abflughalle finden wir ein Örtchen zum schlafen. Haha, wieder mal hatte ich nicht mit der akustischen Niedertracht der Einheimischen gerechnet, denn just, als mir die Äuglein zufallen, verkündet eine Stimme aus den Lautsprechern:" We remind you, that baggage-trolleys are not permittet on the escalators!" Fortan wird sie dies alle zehn Minuten verkünden, mit den Variationen "Smoking is only allowed in special designated areas" und anderen weltbewegenden Verlautbarungen. Also schlaff´ma halt ned. Mit Streichhölzern in die müden Glubscher gespreizt schlendere ich daraufhin kreuz und quer durch den Flughafen. So ähnlich müssen sich Untote fühlen, die dazu verdammt sind umzugehen. Endlich können wir einchecken. Ich wecke Markus, der aber noch nicht ganz auf der Höhe ist und entweder unzusammenhängenden Kauderwelsch absondert, oder Maulaffenfeil hält. Die Dame am Check-in raunt etwas von "ziemlich früh zum Einchecken" , woraufhin ich, des Englischen schon nicht mehr ganz so mächtig, bloß noch blaffe:" Is it a problem, oda wos?" Heimflug. Ereignislos. Zum Glück stehen Flori und Issa am Flughafen Spalier und wir werden heim kutschiert.Gacie..äh...Efkaristo
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Markus schreibt: In der Früh ist erst mal packen angesagt. Der Umstand, dass Syros unsere letzte Station war gibt mir das Gefühl besonders gründlich darauf achten zu müssen, alles dabei zu haben. Nebenbei läuft GriechenVIVA, was das Packen nicht erleichtert. Wenn man "Moonlight Shadow" auf Griechisch hören muss (kein Witz) geht die Konzentration flöten. (Ob die Griechen wohl Quoten haben von wieviel griechische Musik gespielt werden muss? Hoffentlich. Sonst bliebe nur die Erklärung, dass denen das wirklich gefällt.) Schluss mit dem Geplapper, lieber raus aus dem Zimmer und was angestellt. Die Fähre geht (schwimmt?) erst abends, also haben wir Zeit. Die Rücksäcke lassen wir von dem Bruder unserer Zimmerwirtin in einer Art Waschküche unterstellen und machen uns auf den Weg unsere letzten Stunden in Griechenland so teuer wie möglich zu verkaufen. Noch einmal an einen griechischen Strand, das klingt gut. Also auf und ein neues Bussystem gelernt. Es ist erstaunlich wie sich unter ähnlichen Umständen (wie sie nun mal auf allen Kykladeninseln herrschen) so verschiedene Systeme entwickelt haben. Würde Darwin heute reisen, ... Ein Blick auf den Fahrplan führt zu der Theorie, dass die Busse in Kreisen fahren. Von diesen Kreisen gibt es ungefähr drei und die Busse starten gleichzeitig in verschiedene Richtungen von Hermoupolis aus. Das heißt nach Adam Riese, dass das syrische Bussystem über ganze sechs Busse verfügt. Ganz sicher sind wir uns da allerdings nicht. Also nach weiteren Informationen gesucht. Mit den Busfahrern ist da nicht zu rechnen, die schauen uns an als hätten wir die Pest und nicken. Was uns nicht weiterbringt, denn "Where does this bus go?" erwartet keine ja oder nein Antwort. Zum Glück hachst der Daniel ein schweizer(?) Ehepaar(?) auf, das neben Deutschähnlichem auch Griechisch(-ähnliches?) spricht. Die bestätigen unsere Theorie weitgehend und empfehlen uns Galissas als Ziel. (Galissa ist ein schönes Wort. In griechischer und lateinischer Schrift scheint es wirklich kaum das selbe Wort zu sein. Wir steigen trotzdem in den Bus, auf dem ΓΑΛΙΣΑ steht.) Und tatsächlich, nach vielen außerplanmäsigen Stationen kommen wir auch irgendwann in einem Ort mit der selben lustigen Beschriftung an. Irgendwann sind wir sogar recht nah am Meer. Doch dann geht es plötzlich nicht mehr weiter. Der Bus (der die Route andersrum fährt) blockiert die Straße. Der Busfahrer fragt etwas, was wir richtig als "Soll ich euch hier schon rauslassen?" interpretieren. Aus dem ganzen Bus schallt es "ναι!" (gesprochen "ne!") und ich bin erstaunt, dass unser einsames "doch!" dazu führt, dass die Türen aufgehen. (OK, daran lags natürlich nicht. "ναι" heißt soviel wie "ja", also keine Verwunderung.)
 Galissas, das ist mal ein einsamer Strand. Keine Sau ist da, nur ein Esel und ein Pferd. Das ist griechisch, das gefällt mir. Also genießen wir noch einen Tag in dieser schönen Bucht und Daniel findet sein lange ersehntes Naxosauge (ironischerweise auf Syros). Was für ein glückliches Ende. Nach ein paar Stunden wollen wir wieder zum Bus. Nachdem der aber nicht fahrplanmäsig kommt (denken wir), kehren wir auf einen greek Salad (kurz nach der Bestellung kommt ein Mann an unserem Tisch vorbei, der einige für dieses Gericht grundlegende Zutaten aus dem Laden bringt) "and two beers" (Mythos). Dann kommen wir doch dahinter, dass der Fahrplan ja ziemlich ähnlich aussah wie auch schon in Hermoupolis und dass die Minuten, die am Streckenverlauf eingetragen sind, vielleicht doch Sinn haben. Wir haben also noch ein halbe Stunde Zeit. Das geht sich doch grade schön aus. Tatsächlich kommt der Bus fast zur errechneten Zeit und wir fahren zurück nach Hermoupolis. Dort machen wir noch einen Spaziergang: Wir besichtigen den Containerhafen (von außen, er ist zugesperrt), das Pier, wo es sich bis auf die kühle Briese wirklich aushalten lässt und gehen nochmal auf einen Kaffee am Hafen. Der Filterkaffee, den ich da bestelle, wird in einem Gefäß serviert, das meiner Analyse standhält: "Was also hier jetzt, den hohen Knopf hier drücken und dann is gut diese? Ne, schmeckt nach dünner Brühe! Dann also warten..." (Zwanzig Minuten später war die Brühe immer noch nicht dicker geworden. Ich habe lange darüber nachgedacht und bin inzwischen zu dem Schluss gelangt, dass da einfach nicht genug Pulver drin war.) Kaffee hin oder her, danach holen wir unsere Rucksäcke ab. Zunächst strahlen wir mal sehenden Auges an dem freundlichen Herrn vorbei, dem wir sie heute morgen überlassen hatten, weil der 10 Meter weiter vor seinem Haus sitzt. Der nimmt uns das aber nicht weiter übel und überlässt uns unser Gepäck. Dann sind wir also mal wieder unterwegs. Ein letztes Mal aufs Pier und dann ab an den Hafen. Bald erfahren wir: unsere Fähre hat Verspätung. War ja klar. Nun gut, wir wollten eh noch ne Pizza holen, dann essen wir die halt am Hafen, nicht erst auf der Fähre. Diesen Entschluss bereue ich bald, als ich mit einem Affenzahn und der Gewissheit, dass die Fähre jede Minute da sein kann, zum nächst besten Restaurant eile um dort die kaum wieder zu erkennende Pizza wieder los zu werden. Und keine Sekunde zu früh rase ich in einem ähnlichen Affenzahn zurück, denn die Fähre biegt gerade 100 Meter weiter in das Hafenbecken ein. Zehn Meter dahinter folgt die in die andere Richtung (wie die Busse, muss an Syros liegen). Glück gehabt. Bei der Fähre handelt es sich um eine normale, die aber deutlich größer ist als die Express Apollon. Aber auch sehr cool, ich mag die Schiffchen. Wir machen es uns auf dem Oberdeck bequem und versuchen zu schlafen. Muss auch fast geglück sein, denn als ich die Augen wieder aufmache stehen gerade auffallend viele Mitrucksacktouristen an der Reling und beobachten ein sehr schönes Wetterleuchten. Ein Wetterleuchten, das immer heller wird. Ein Wetterleuchten, das man bald auf allen Seiten vom Schiff gleichzeitig bewundern kann. Ein Wetterleuchten das mit stark auffrischendem Wind einher geht. Ein Wetterleuchte das bevor wir es uns versehen ein wirklich wirklich ausgewachsenes Gewitter geworden ist. Ein Gewitter, das nur Daniels Mutter verschlafen könnte. Und wahrscheinlich nicht mal die. Das Wetter hat eine ungemein soziale Komponente. Neben dem eher für ältere Bevölkerungsschichten typischen "Schönes Wetter heute"-Gesprächsbeginn eignet es sich auch prima um mit ohrenscheinlich amerikanischen Rucksacktouristinnen (oder in unserem Fall nur einer) ins Gespräch zu kommen. Leider hält das nicht viel länger an, denn nach einer halben Stunde ist das Gewitter schon wieder vorbei und die meisten Mitfahrer schon wieder auf ihren Rucksäcken (so schläft man da). Irgendwann kommen wir dann auch an und trollen uns (mit 10000 anderen Menschen) über die beiden Rolltreppen an den Hafen. Dass das dauert, kann man sich vorstellen. Nun ja, da wir danach zielstrebig zum Bus gehen, bekommen wir sogar noch zwei Sitzplätze zum Flughafen. In Athen (das übrigens fast schon enttäuschend mitteleuropäsch aussieht) scheint es auch geregnet zu haben. Außerdem scheint die Kanalisation für solch extreme Wetterverhältnisse (wie Regen) nicht ausgelegt zu sein und so düst der Bus etliche Male durch 40 cm tiefe Pfützen bevor wir am Flughafen ankommen. Dort ist uns erst mal langweilig und wir versuchen zu schlafen, was uns eh nicht schlecht täte. Der Daniel scheint besseren Erfolg zu haben als ich. Ich schlafe erst nach etwa drei Stunden ein, aber wache zum Ausgleich bald schon wieder auf. Zum Glück können wir obwohl wir "quite early" (Check-in Dame) dran sind schon einchecken und das ist wenigstens schon mal ein erster Schritt. Irgendwann landen wir im Flieger und sind fast wieder wach. Wir fliegen nach Thesaloniki und machen das selbe Spielchen mit wie auf dem Hinflug. Als die neuen Passagiere ankommen sagt der Daniel: "Pass auf, die Fette da sitzt bestimmt neben dir!" (Und ich Depp hab ihm auch noch den Fensterplatz überlassen. Ja, natürlich hat er recht.) War aber gar nicht so schlimm, einen halben Sitz hatte ich ja noch. Der Mensch wächst mit seinen Herausforderungen. In München bekommen wir unser Gepäck wie gewohnt als letzte und mit Schmierfettflecken. Wir sind zu Hause! Als wir aus dem Sicherheitsbereich kommen, überraschen uns Issa und Flo ("Nnnnnnutte!"). Es ist schön, daheim zu sein. |